Archive vom Oktober, 2006

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Es ist ja kein Geheimnis, daß die Musikindustrie — jedenfalls in letzter Zeit — völlig am Kunden vorbeiagiert; da wäre es natürlich nett, wenn man wüßte, was die Kunden denn eigentlich wollen.
Bei Spon gibt es eine Umfrage zur Zukunft der Musik. Naja, eigentlich ist vor allem Musik dabei und weniger Zukunft, aber die Teilnahme könnte sich trotzdem lohnen. Das ist nämlich keine von diesen zusammengeklickten ad-hoc-Umfragen, die für ein Blog zwar ganz nett sind, sich aber leider vor allem auf professionellen Seiten finden; sondern eine richtige Befragung mit wissenschaftlicher Begleitung.
Also ab, Kreuzchen machen!

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Ich stelle mir das ungefähr so vor:

Pole Vault

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Referrer sind doch eine tolle Sache — so bekommt man erst mit, was die Be-sucher denn so alles suchen. Einer wollte neulich alle primzahlen aufgezählt haben.
Damit kann ich leider nicht dienen, denn es gibt eine ganze Menge Primzahlen — unendlich viele, um genau zu sein.

Viel

Geht es noch genauer? Unendlich ist ja nicht gleich unendlich. Nimmt man zum Beispiel nur die geraden Zahlen (2, 4, 6, 8, 10, …), so gibt es davon offenbar[1] weniger als von den natürlichen Zahlen (1, 2, 3, 4, …). Von den "runden" Zahlen (1, 10, 100, 1000, …) gibt es dann noch weniger. Wie mag es wohl mit den Primzahlen aussehen?
Es gibt so viele Primzahlen, daß Primreihe

Häh?

OK, der Reihe nach; zuerst stellt sich die Frage, was da eigentlich steht. Das ist relativ einfach. Wenn wir alle Primzahlen nehmen (pϵP), zu jeder den Kehrwert bilden (1/p), und diese Kehrwerte dann aufsummieren (Ʃ), dann wird das Ergebnis unendlich groß. Auf den ersten Blick ist das vielleicht nicht verwunderlich; immerhin addieren wir unendlich viele Zahlen, die alle positiv sind.
Wenn wir aber statt 1/p die reziproken Zweierpotenzen addieren, dann ist das Ergebnis durchaus endlich: 1/2+1/4+1/8+…=1. Warum? Naja, 1/2 ist die Hälfte von 1; 1/4 ist die Hälfte von dem, was dann noch zu 1 fehlt, und so weiter:
konvergent

Wenn die Zahlen, deren Kehrwerte ich addiere, also schnell genug größer werden, dann kann die Reihe[3] konvergieren, also eine endliche Zahl als Ergebnis haben. Daß die Reihe der reziproken Primzahlen divergiert, bedeutet also, daß sie nicht sehr schnell größer werden — daß es also recht viele von ihnen gibt.

Langsam

Was heißt nicht sehr schnell? Nun, die Reihe der reziproken natürlichen Zahlen, 1+1/2+1/3+1/4+…, divergiert, i.e. die natürlichen Zahlen wachsen in diesem Sinne langsam. Die Quadratzahlen wachsen dagegen schnell, 1+1/4+1/9+1/16+… konvergiert nämlich[4] — nimmt man stattdessen dritte oder vierte Potenzen, so wachsen die Zahlen natürlich schneller, und die Reihen konvergieren auch. Man kann zeigen, daß Ʃ1/nr immer konvergiert, solange r nur größer als 1 ist. Es reicht, r=1,001 (oder noch kleiner) zu wählen. Das heißt, daß die Folge der Primzahlen tatsächlich sehr langsam wachsen muß, damit die Reihe divergiert.

An's Eingemachte

Behaupten kann man viel, wenn der Tag lang ist. Mathematiker wollen aber immer Beweise dafür sehen. Der, den ich hier vorführen möchte, stammt von dem berühmten Ungarn Erdős. Ich folge dabei dem Buch von Aigner und Ziegler[5].

Der Beweis ist wieder ein Widerspruchsbeweis, i.e. wir nehmen an, daß die Behauptung gerade nicht stimmt, rechnen ein bißchen herum und finden dabei einen Widerspruch. Daraus folgt dann, daß die Annahme falsch war.

Nehmen wir also an, daß die Reihe konvergiert. Wenn wir nun die ersten Summanden überspringen, dann wird die Gesamtsumme kleiner, und wenn wir genügend Summanden überspringen, können wir die Gesamtsumme kleiner als 1/2 machen.[6]

Wählen wir also k genügend groß, und denken wir uns noch irgendeine Zahl N aus, mit der wir die ganze Ungleichung multiplizieren, dann gilt:
übersprungen

Wenn wir jetzt alle Zahlen betrachten, die nicht größer sind als N, dann gibt es solche, die sich durch eine Primzahl teilen lassen, die in unserer verkürzten Reihe vorhanden ist; ihre Anzahl wollen wir b nennen. Und es gibt solche, die nur Primteiler besitzen, die unter den ersten k Primzahlen sind und deswegen nicht in der verkürzten Reihe vorkommen; ihre Anzahl sei s. Weil alle Zahlen entweder zu der einen oder anderen Kategorie gehören müssen, ist s+b=N.

Wie groß ist b? Nun, für eine Primzahl pi gibt es Teiler zählen Zahlen, die durch sie teilbar sind. Wenn wir diesen Ausdruck über alle Primzahlen summieren, dann liegen wir vielleicht zu hoch, aber sicher nicht zu niedrig[7].
Wenn wir also summieren, dann steht wieder unsere Ungleichung von oben da, und es gilt: b < N/2.

Wie sieht es für s aus? Das geht anders, und zwar so: Wir schreiben jede Zahl n, die zu s zählt, als n=a·q2. Dabei ist a das Produkt aller Primfaktoren, die in n nur einmal vorkommen. Zum Beispiel ist 150=2·3·5·5, also a=2·3=6 und q=5.
Um die Frage zu klären, wie groß s ist, müssen wir also überlegen, wie viele verschiedene a und q es gibt. Das ist einfach: in a kommt jede Primzahl einmal oder keinmal vor, das sind zwei Möglichkeiten pro Primzahl. Da für s nur die ersten k Primzahlen in Frage kommen, sind das 2·2·2…=2k Möglichkeiten. Bei q machen wir es uns ganz einfach: q2n, und nN, also q ≤ √N.

Damit ist s ≤ 2kN.

Widerworte

Am Anfang hatten wir uns ja ein N ausgedacht, aber alle Überlegungen waren völlig allgemein. Wir können uns jetzt also noch umentscheiden und zum Beispiel N=22k+2 nehmen. Dann ist s ≤ s2k+1 (Einsetzen in die letzte Gleichung vom vorigen Absatz), also kleiner als N/2.

Weil b aber auch kleiner als N/2 ist, muß s+b kleiner als N sein.
Am Anfang hatten wir aber gesehen, daß s+b gerade gleich N ist. Beides gleichzeitig geht nicht, und da haben wir unseren Widerspruch.

Ende

Also, lieber unbekannter Google-User: es gibt nicht nur unendlich viele, sondern sogar verdammt viele Primzahlen, und die kann ich Dir unmöglich alle aufzählen.

Noten

[1] Ganz so einfach ist die Sache eigentlich nicht, dann auf eine sehr intuitive[2] Art gibt es gleich viele gerade und natürliche Zahlen. Das hört sich jetzt seltsam an, weil ja jede gerade Zahl eine natürliche ist, es aber auch natürliche Zahlen gibt, die nicht gerade sind — die ungeraden eben. Man kann aber von unendlichen Mengen durchaus einige Elemente wegnehmen, ohne daß die Menge kleiner würde.
In der Tat läßt sich diese Eigenschaft als Definition von unendlich verwenden.

[2] Vielleicht schreibe ich dazu noch einen Eintrag.

[3] Eine Reihe ist, vereinfacht gesagt, eine Summe unendlich vieler Zahlen.

[4] Und zwar gegen π2/6.

[5] Dieses Buch, das in Anlehnung an eine Idee von Erdős Das BUCH der Beweise heißt, kann man gar nicht genug loben. Deswegen wandert es jetzt erstmal in meine Sidebar.

[6] Das ist eine Eigenschaft von Grenzwerten. Letztlich ist der Grund der, daß die Reihe sich an ihr Ergebnis heranschleicht.

[7] Zu hoch deshalb, weil wir einiges doppelt zählen: 6 ist zum Beispiel durch 2 und 3 teilbar, und wir würden sie einmal bei den Vielfachen von 2, einmal bei denen von 3 zählen.

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Daß es für Gesetzeshüter nicht immer opportun ist, ihren Beruf allen Umstehenden kundzutun, ist einleuchtend.
Aber: wofür bitteschön braucht man unbeschriftete Fahrzeuge mit Zivilkennzeichen und aufgepappten Blaulichtern bei einer Demonstration?

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Seit ein paar Bauarbeiter mal einen Turm etwas zu hoch gebaut haben, gibt es auf der Erde verschiedene Sprachen. Wenn die sich nur dadurch unterschieden, daß sie verschiedene Wörter gebrauchten, dann wäre die Welt ziemlich langweilig und die Übersetzer arbeitslos.

Richtig interessant wird es erst, wenn Grammatik in's Spiel kommt. Darauf will ich jetzt aber gar nicht hinaus — bei den Vokabeln gibt es nämlich auch noch einen kleinen Haken: nicht jedes Wort existiert in jeder Sprache. Wenn also ein Übersetzer über ein Wort stolpert, das in der Zielsprache nicht existiert, dann muß er den Begriff passend umschreiben.
Umgekehrt kann es natürlich auch vorkommen, daß der Autor im Originaltext eine Umschreibung benutzt hat, weil das passende Wort in seiner Sprache nicht existiert. Ein Übersetzer kann dann diese Umschreibung möglichst wörtlich in die Zielsprache übersetzen; vielleicht existiert dort aber auch ein Wort, das sich sozusagen im Zentrum der Umschreibung befindet. Ein guter Übersetzer benutzt dieses Wort.

Neulich habe ich ein schönes Beispiel gefunden: Elronds Last Homely House, das Letzte Heimelige Haus, heißt auf Finnisch einfach Viimeinen Koto.

Das Wort koto existiert heute eigentlich nicht mehr — das Zuhause heißt koti; es gibt aber den erstarrten Essiv kotona (zu Hause) und eine Form, die wie ein Partitiv aussieht, aber wohl eher ein Ablativ ist: kotoa (von zu Hause).

Dadurch bekommt das Wort jedenfalls einen sehr heimeligen Klang — irgendwie passend zur Jahreszeit.

Nach Hause ist übrigens kotiin, also der Illativ von koti.

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Ich glaube, ich bin momentan nicht so ganz auf Zack; neulich habe ich jedenfalls einen halben Tag und eine ganze Nacht gebraucht, um diesen Witz zu verstehen:
Today the East German pole vault champion became the West German pole vault champion.

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Es gibt sicher viele Arten, den Sonntagmorgen zu verbringen. Aber eine der schönsten ist ein Frühstück in netter Runde in einem schönen Café.
So bin ich denn gestern früh in die Stadt gefahren — zugegeben, die Uhrzeit war schon zweistellig. Vor dem Eingang des Cafés habe ich schon die ersten beiden bekannten Gesichter getroffen. Drinnen haben wir dann nach einem Platz für vielleicht ein Dutzend Leute gefragt. Der junge Mann wollte sich bei seinem Chef erkundigen.
Das sei schlecht, wußte er nach kurzer Zeit zu berichten: es sei sonntagvormittags immer sehr voll. Im Moment war das zwar nicht der Fall, und ein Schild reserviert konnten wir auch nur auf einem einzigen Tisch entdeckten, aber sei's drum. Wir haben uns einfach den größten freien Tisch (sechs Plätze) gesucht und auf den Rest gewartet. Der kam dann auch nach und nach, und noch bevor unsere Bestellungen eingetroffen waren, wurde der Tisch zu klein. Wir waren natürlich nicht faul und haben ihn flugs mit dem Nachbartisch verlängert. Das sah das Personal nicht so gerne, es gab ein wenig Gegrummel.
Dann kam auch das Essen, und wir haben uns erstmal unserem Frühstück gewidmet.
Später kamen dann noch ein paar Leute dazu, und einer von uns machte sich auf, einen weiteren Tisch zu holen. Diesmal stürmte der Chef eiligst herbei und rief schon von der Theke: Bitte nicht! Er erzählte dann etwas von Kinderwagen, die dann nicht mehr vorbeikämen, aber das mag ich nicht so recht glauben — wir hätten den Durchgang kein bißchen schmaler gemacht, als er eh schon war.

Bei uns ging jedenfalls erstmal das Kopfschütteln los: Wollen die eigentlich kein Geld verdienen? Immerhin haben wir locker einen dreistelligen Betrag dagelassen, und das war sicher nicht der letzte Sonntag, den wir gemeinsam frühstücken — allerdings der letzte in diesem Café. Andernorts ist man sicher flexibler.

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Ich finde es immer ganz witzig, zuzuhören, was die Leute auf der Straße so reden. Meistens klappt das am besten, wenn man sich auf diejenigen konzentriert, die einem entgegenkommen. Dann hat man nämlich nur einen Halbsatz und kann nach Herzenslust eine Geschichte darum spinnen. Manchmal klappt es sogar, die Gesprächsfetzen mehrerer Gruppen zu einem Ganzen zu vereinen.

Neulich auf dem Weg zur Kantine stak mir aber eine Bemerkung quer im Ohr:
Das sind dann so Internas wußte jemand. Das müssen aber viele sein. Wahrscheinlich ist der Student, der seine Praktikas macht, damit auch ziemlich überfordert.

Ich gebe allerdings gerne zu, daß mich die Vielzahl der Bibeln im Antiquariat nicht stört.

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kaupunki

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40something ist wieder genesen und hat einen Blick unter den Bierdeckel getan. Das hätte er besser bleiben lassen, denn was man da findet, sieht in der Regel nicht so gut aus, und vom Geruch wollen wir gar nicht erst reden.
Der lieber Herr Merz ist also der Meinung, daß den Wähler nicht interessieren müsse, wieviel er in seinen Nebentätigkeiten (11 an der Zahl) verdient. Wohlgemerkt: auf den Cent will das niemand wissen, er müßte nur angeben, ob er bis 3500 Euro, bis 7000 Euro, oder über 7000 Euro dazuverdient.
Offenbar ist das aber schon zuviel.

Bei gewöhnlichen Arbeitnehmern sieht die Sache natürlich anders aus, sie müssen ihre Nebentätigkeiten anzeigen und oft sogar genehmigen lassen.

Naja, ich geb's ja zu: bei Abgeordneten habe ich in der Regel nicht das Gefühl, daß sie sich als Angestellte der Bürger betrachten. Warum also sollten sie sich den Regeln unterwerfen, die in normalen Dienstverhältnissen gelten?

Einen ganz netten Bericht gibt es bei Spon.

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