Wenn Peer Steinbrück — damals noch Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen — einen ansonsten recht moderaten Beitrag für die Zeit mit den Worten schließt:
Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen, die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die – und nur um sie – muss sich Politik kümmern,
dann wird mir ganz anders. Wie bitteschön soll soziale Gerechtigkeit funktionieren, die nicht für alle da ist? Das erinnert mich an das alte Lied von Georg Danzer, in dem die Freiheit in dem Moment verschwindet, in dem man sie einsperrt.
Die neoliberale Hegemonie [...] ist deshalb eine Gefahr für die Demokratie, weil Politik durch ökonomische Mechanismen ersetzt wird,
sagt der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge in einem Interview mit Telepolis. Er stellt darin fest, daß sich Politik und Gesellschaft in Deutschland verändern, daß immer mehr für Leistungsträger getan wird und weniger für die Schwachen. Das so eingesparte Geld werde dann für den Sicherheitsapparat ausgegeben.
In der Tat leben wir in einer Zeit, in der das Bedürfnis des Staates nach immer neuen Überwachungsmöglichkeiten keine Grenzen mehr kennt. Auch über neue Repressionsmöglichkeiten wird laut nachgedacht, und das durchaus in der Mitte der Parteienlandschaft: Einsatz der Bundeswehr im Innern, der Abschuß von Verkehrsflugzeugen oder auch die menschenrechtswidrige vorsätzliche Tötung Verdächtiger sind keine Tabuthemen mehr.
Ich weiß nicht, ob diese beiden Tendenzen — der Umbau des Rechts- in einen Überwachungsstaat und der der sozialen in eine "nackte" Marktwirtschaft — wirklich so viel miteinander zu tun haben, wie ich es aus dem Interview herauslese. Klar ist aber, daß beide Entwicklungen sehr ungut sind, und daß wir ihnen entgegensetzen müssen, was wir können.
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