Archive vom Januar, 2006

Seitens des Europaparlaments scheint jetzt die Zeit des Rechtfertigens gekommen zu sein.
Wenn man sich die Kommentare von Herrn Reul ansieht, bekommt man das Gefühl, wir müßten schon dankbar sein, daß nur Verkehrsdaten und nicht auch noch die Inhalte mitgeschnitten werden.

Frau Gebhardt scheint dagegen der Meinung zu sein, daß die Postboten über jeden Brief Buch führen — anders kann ich mir solch haarsträubende Vergleiche nicht erklären.

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... kennt die Klüttenbremse nicht. Noch nicht.

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Heute möchte ich mich mit einem Thema beschäftigen, das bei den meisten Menschen kein gutes Ansehen genießt: Mathematik. (Halt! Nicht wegklicken!)
Dabei soll es nicht um lustige Zahlenspielereien oder nützliche Rechenregeln gehen; vielmehr geht es mir um die Schönheit, die mathematische Aussagen und Beweise an den Tag legen, wenn man sie nicht als Mittel, sondern als Zweck betrachtet.
Die Idee dabei ist, einzelne Themen herauszugreifen und (hoffentlich) auch für Mathematik-Abstinenzler verständlich darzustellen.

Zu Anfang soll es um Primzahlen gehen. Die haben viele Vorteile: die meisten Menschen wissen, was Primzahlen sind; sie haben keine direkte Anwendung außerhalb der Mathematik (so daß man nicht so leicht abgelenkt wird); und man kann viele lustige Dinge mit ihnen anstellen.

Wenn der Mathematiker einen neuen Begriff einführt, dann tut er das mit einer Definition, die genau sagt, wie der Begriff zu verstehen ist. Primzahlen sind bekanntlich Zahlen, die nur durch Eins und sich selbst teilbar sind. Etwas genauer kann man definieren:
Eine natürliche Zahl n, deren Teilermenge genau zwei Elemente enthält, heißt Primzahl.
Daraus folgt, daß die Eins keine Primzahl ist, denn ihre Teilermenge enthält nur ein Element. Die umgangssprachliche Formulierung nur durch Eins und sich selbst teilbar ist da etwas unklar, was später zu Verwirrung führen könnte.

Welche konkreten Zahlen sind denn nun prim? Die ersten sind schnell aufgezählt: 2, 3, 5, 7, 11, 13, ...
Und wie geht es weiter? Vor allem: ist irgendwann Schluß, oder gibt es unendlich viele Primzahlen? Einerseits ist nicht recht einzusehen, warum es unendlich viele natürliche Zahlen, aber nur endlich viele Primzahlen geben soll; andererseits ist unsere Unfähigkeit, uns eine Welt mit endlich vielen Primzahlen vorzustellen, ein ziemlich schwaches Argument. Es muß also ein Beweis her. Vorher formulieren wir noch schnell einen Satz, der die zu beweisende Aussage formuliert:
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Eine häufig verwandte Methode ist die des Beweises durch Widerspruch: man nimmt einfach das Gegenteil der Behauptung an und leitet daraus einen Widerspruch her. Wenn die Schlußfolgerungen alle einwandfrei sein, muß die ursprüngliche Annahme falsch sein — und damit die Behauptung wahr.
Wir nehmen also an, es gäbe nur endlich viele Primzahlen, sagen wir n Stück. Diese numerieren wir durch: p1, p2, ..., pn. Betrachten wir nun die Zahl x, die um eins größer als das Produkt aller Primzahlen ist: x=p1p2...pn+1. Jede Zahl besitzt einen Primteiler, also auch x — das ist aber ein Widerspruch, denn p1p2...pn ist ja per Konstruktion durch alle Primzahlen teilbar; zwei aufeinanderfolgende Zahlen haben aber keine gemeinsamen Teiler (außer 1).
[Das sieht man so: wenn n und n+1 beide durch p teilbar sind, dann gibt es x und y, so daß n=xp und n+1=yp, also xp+1=yp. Damit ist aber (y–x)p=1, also auch Eins durch p teilbar => Widerspruch, denn Eins besitzt (außer sich selbst) keine Teiler.]

Die Annahme, es gebe nur endlich viele Primzahlen, führt also auf einen Widerspruch, so daß es unendlich viele Primzahlen geben muß, q.e.d.

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Through a pink mist his eye caught the line: 'safety is our foremost consideration'. Why hadn't the lead type melted, why hadn't the paper blazed rather than be part of this obscenity? The press should have buckled, the roller should have cleaved unto the platen...
Terry Pratchett hat seine Discworld-Reihe als Fantasy-Parodie begonnen, aber sie ist im Laufe der Zeit auch immer unverblümter gesellschaftskritisch geworden. Going Postal, der jüngste als Taschenbuch erschienene Band, setzt diese Entwicklung fort:
Pratchett fährt einen Frontalangriff gegen die Finanzwelt und ihre volkswirtschaftlich schädlichen Entscheidungen.

Das hindert ihn aber nicht im mindesten daran, all jene Absurditäten in die Geschichte einzubauen, die uns seit dem ersten Band erfreuen. Da gibt es eine Geheimgesellschaft von Postboten — komplett mit Initiationsritual; Hardware-beschädigende Semaphor-Viren; GNU; Pinheads; ...

Außerdem gibt es natürlich den kleinen Trickbetrüger, der am liebsten falsche Diamanten verkaufen würde, stattdessen aber mit (meistens) kühlem Kopfe und seinen people skills den großen Trickbetrügern eins auswischt.

Zusammen sind das fast fünfhundert Seiten Pratchett vom feinsten und einer der besten Discworld-Bände überhaupt.

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Leute, die es wissen müssen, sagen, es gebe keine finnischen Zungenbrecher. Das ist auch nicht weiter überraschend, bestehen doch Zungenbrecher meist aus Anhäufungen von Konsonanten; Konsonanten sind in der finnischen Sprache aber nur vereinzelt anzutreffen.
Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen hinterher
Das ist zwar nicht gerade ein klassischer Zungenbrecher, aber doch etwas in der Richtung. Das geht auf Finnisch auch, und zwar noch etwas besser:
Kokoo koko kokko kokoon! Koko kokkoko? Koko kokko.

Bei dem deutschen Satz oben kommen nur zwei Homonyme (das Verb fliegen und die Fliege), die dazu noch verwandt sind, vor. Im In dem finnischen Beispiel finden wir zwar keine exakten Homonyme, aber dafür etliche sehr ähnliche Wörter.
Zunächst ist da koko "ganz", dazu koota "sammeln" und kokoon "zusammen". Die Grundform des Verbs koota hat zwischen den beiden o sozusagen ein unsichtbares k, das durch den Stufenwechsel im Imperativ zutage tritt.

Davon unabhängig gibt es noch kokko, das Johannisfeuer; und drittens die Fragesilbe -ko.

Dann ergibt sich die Übersetzung:

Sammle!/(das) ganze/Johannisfeuer/zusammen
(das) ganze/Johannisfeuer?
(das) ganze/Johannisfeuer

Weil die finnische Sprache keine Artikel kennt, könnte man statt das ganze auch ein ganzes schreiben.

Anmerkungen:
[1] Eine Aussprachehilfe gibt's hier.
[2] Kokoon kann man als Illativ von koko auffassen. Der Illativ ist der Fall, der eine Bewegung in etwas hinein beschreibt; hier ist die Bedeutung natürlich abstrakt, "ganz" ist das Ziel der Handlung.
Das soll aber nicht heißen, daß es möglich wäre, finnische Adverbien produktiv zu deklinieren. Es gibt lediglich einige Adverbien und Postpositionen, die erstarrte Kasusendungen aufweisen. Verben können allerdings Kasusendungen erhalten, ohne substantiviert zu werden.

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Tja, was soll ich dazu sagen? Nette, ziemlich durchschnittliche Musik; von der Sorte, die sich bestens für's Radio eignet.
Aber: Harden my Heart ist auch drauf. So betrachtet, ist die LP einfach eine überdimensionierte Single mit vielen B-Seiten.

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Gilt_nicht

Na, wo denn sonst? Sollten da die südlichen Nachbarn etwa auch...
Aber weit gefehlt: In 26 Ländern kann man jetzt den Punkt bewundern.

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Heute will ich eine kurze Anleitung zur Aussprache finnischer Texte geben; ich finde nämlich, daß Textbeispiele immer etwas schwer verdaulich sind, wenn man nichts über die korrekte Aussprache weiß.

Das kann ja durchaus eine komplizierte Angelegenheit sein: der Engländer schreibt read und sagt mal red, mal reed, und der knight hört sich auch nicht mehr so an, als habe er etwas mit dem Knecht zu tun.
Der Franzose schreibt immer mehr, als er spricht, und von Sprachen mit wirklich schwierigen Ausspracheregeln will ich gar nicht anfangen.

Zum Glück ist das im Finnischen alles viel einfacher:

  1. Die Hauptbetonung jedes Wortes liegt auf der ersten Silbe. Immer.
  2. Jeder Buchstabe behält seinen Lautwert in allen Kombinationen bei. Insbesondere gibt es kein Dehnungs-h und -e.
  3. Alle einfachen Vokale (und Konsonanten) werden kurz gesprochen; doppelte Vokale und Konsonanten werden lang gesprochen.

Das war es im wesentlichen auch schon. Zu Regel 2 sei angemerkt, daß die Lautwerte fast immer denen im Deutschen entsprechen. y ist dt. ü und v wird wie w ausgesprochen. Man muß sich nur die "Sonderregeln" des Deutschen abgewöhnen, etwa für eu (nicht /oi/) und ei (nicht /ai/, sondern wie in boah ey). Es gibt nur ein s, und zwar das stimmlose, das aber manchmal eine Tendenz in Richtung /∫/ (dt. sch) aufweist. H ist immer ein Hauchlaut, auch vor Konsonanten, etwa in lahti.

Zu dieser strikten Korrespondenz zwischen Schreibung und Aussprache gibt es eine[1] kleine Ausnahme: ng wird wie in dt. Finger (aber länger) ausgesprochen, nicht wie in englisch finger: das g tritt also selber nicht mehr in Erscheinung, und das n wird zum "eng"-Laut.

Ein paar Feinheiten gibt es natürlich noch; zum Beispiel werden die Plosive p, t, k nicht aspiriert und klingen deshalb relativ weich. In echt finnischen Wörtern kommt b nicht, g nur als ng und d nur im Rahmen des Stufenwechsels[2] vor. In Lehnwörtern werden diese Konsonanten oft ersetzt, z.B. pankki "Bank".

Die langen Konsonanten sind für einen Deutschen zunächst sehr ungewohnt, im Italienischen kommen sie aber auch häufig vor. Allerdings ist mir dort kein Fall bekannt, in dem die Konsonantenlänge allein bedeutungsentscheidend wäre; im Finnischen ist das aber häufig der Fall:
kuka "wer", kukka "Blume"
kylä "Dorf", kyllä "ja"
mato "Wurm", matto "Teppich"
u.s.w.

Im Falle von Vokallängen ist das ja auch im Deutschen der Fall:
Wal/Wall
fahl/Fall
fühle/Fülle

Anmerkungen:

[1]: Es gibt noch eine weitere (die mir bekannt ist), die aber so speziell ist, daß ich sie hier nicht erwähne.

[2]: Der Stufenwechsel ist für den Lernenden ein ganz besonders lustiges Kapitel. Wenn ich Lust habe, schreibe ich darüber auch mal etwas. Grob gesagt, gibt es einige Konsonanten und Konsonanten-Kombinationen, die in einer "starken" und einer "schwachen" Stufe vorliegen, z.B. d—t und t—tt. Je nach dem, in welcher Form ein Wort vorliegt, wird mal die schwache und mal die starke Stufe benutzt, z.B. mato "der Wurm", madot "die Würmer" und entsprechend matto der Teppich, matot die Teppiche.

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