Einträge mit dem Tag ‘Rezension’

Robin Hobb hat's einfach drauf. Ich habe keine Ahnung, wie sie es macht, aber bei jedem ihrer Bücher ging mir das Schicksal der Protagonisten innerhalb kürzester Zeit so zu Herzen, daß ich mit dem Lesen nicht mehr aufhören konnte. Shaman's Crossing ist da keine Ausnahme.

Ich finde Hobbs Werke unglaublich spannend, meine damit aber nicht die Spannung eines Krimis: nicht der Fortgang der Handlung steht im Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit, sondern das Seelenleben der Charaktere und die Art, in der sie mit ihrem Schicksal umgehen.

Shaman's Crossing, der erste Teil der Soldier Son-Trilogie, spielt in einer fiktiven feudalistischen Gesellschaft irgendwo zwischen Spätmittelalter und Barock, mit einem leichten Wild-West-Einschlag. Es ist eine chauvinistische und streng religiöse Welt, in der Frauen möglichst vorteilhaft verheiratet werden und nicht viel zu sagen haben, während die Männer den Beruf ihres Vaters ergreifen. Lediglich für Söhne adliger Väter hat der sehr christlich anmutende good god eine andere Laufbahn vorgesehen: der Erstgeborene erbt Besitz und Titel, der zweite wird Soldat, der dritte Priester und so weiter.

Das Land befindet sich mitten in einem Umbruch. Nachdem die nomadischen Bewohner der angrenzenden Steppen in einem langen Krieg besiegt wurden -- man mußte die Wilden zähmen und ihnen die Vorteile der Zivilisation beibringen -- werden Offiziere, die sich besonders ausgezeichnet haben, vom König in den Adelsstand erhoben. Sie sollen die neu eroberten Gebiete besiedeln, während die Expansion des Reiches weitergeht.

Nevare ist der zweitgeborene Sohn eines solchen New Noble, und nach seiner Ausbildung auf dem heimischen Gut wird er mit achtzehn in die Militärakademie in der Hauptstadt aufgenommen. Er stellt allmählich fest, daß hier nicht nur strenge Disziplin herrscht, sondern die Kadetten auch Spielbälle in politischen Ränkespielen sind, von deren Existenz er nichts geahnt hat.

Unterdessen gestalten sich die weiteren Eroberungen schwierig: die Speck oder Gefleckten Menschen wollen so gar nicht dem Bild des edlen Wilden entsprechen, der mit unterlegenen Waffen zum offenen Kampf antritt, und den es zu zähmen gilt. Sie sind eher Guerilla-Kämpfen, man weiß wenig von ihnen, achtet sie nicht, und weiß nicht so recht, wie man mit ihnen fertigwerden soll. Außerdem gibt es da noch eine Seuche, die in in der Nähe der Gefleckten halbe Garnisonen ausrottet, und von der man munkelt, sie werde beim Geschlechtsverkehr übertragen...

An dieser Stelle ist eigentlich klar, daß die Speck in den folgenden Bänden eine wichtige Rolle spielen werden, und es sollte mich nicht wundern, wenn sich aus der Nähe manches anders darstellte, als es dem Protagonisten derzeit erscheint.

Über all diesen Ereignissen liegen die kleinen Sorgen und Nöte der Charaktere -- insbesondere eben die Nevares -- und die bringt einem die Autorin eben sehr nahe.

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Thank you, Jeeves ist die erste Geschichte über Jeeves in Romanform -- die früheren Bücher sind nur Sammlungen von Kurzgeschichten. Diese knüpfen zwar meist auch aneinander an, da aber jedes Kapitel einen eigenen Spannungsbogen hat, ist der Gesamteindruck oft etwas unruhig. Die gleichmäßigere Entwicklung, die ein Roman ermöglicht, habe ich durchaus genossen.
Sprachlich ist das Werk wie zu erwarten brillant, und ich habe einmal mehr Jeeves und Wooster gefunden, wie ich sie kenne und liebe: Schnodderigkeit gegen sprachliche Präzision, der verlebte Tag gegen Effizienz und Zielstrebigkeit, die beiden geben ein wunderbares Paar ab.

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Vor vielen Jahren -- vielleicht zehn oder etwas mehr -- habe ich in meiner Stammbuchhandlung zum ersten Mal einen Otherland-Band gesehen. Aus irgendeinem Grunde habe ich zwar ab und an einen Blick darauf geworfen, mich aber nie weiter dafür interessiert.

Inzwischen habe ich Stadt und Buchhandlung gewechselt, aber als mein Blick Anfang 2009 auf City of Golden Shadow fiel, da habe ich zugeschlagen. Die geheimnisvolle Stadt, die auf dem Buchdeckel abgebildet ist, mag bei meiner Entscheidung eine Rolle gespielt haben. Aber wichtiger noch waren die Konnotationen, die in dem Namen Otherland mitschwangen: ich stelle mir eine Welt vor, die völlig anders ist, entrückt, eben nicht von dieser Welt. Das hat sich wieder so angefühlt wie damals, als der Protagonist eines Egan-Romans von seinen Kindheitserinnerungen an die Kähler-Mannigfaltigkeit berichtete; nur, daß ich damals sofort, nachdem ich das Zitat in einer Rezension entdeckt hatte, hin und weg war. Bei Otherland hat sich die Spannung langsam, über Jahre aufgebaut.

Nun lag der erste Band also vor mir. Daß es doch recht lange -- etwa ein Jahr -- gedauert hat, bis ich die gut neunhundert Seiten durchgelesen hatte, stellt ihm kein gutes Zeugnis aus.

Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft. Ein weltweites Computernetzwerk -- man könnte es Web 3.0 nennen -- ist allgegenwärtig, und der Zugang erfolgt in der Regel in der Art der virtuellen Realität: man sitzt nicht vor dem Bildschirm, sondern taucht mit Brille und Datenhandschuhen (oder gleich durch ein Implantat) völlig ein in die Computerwelt.

Der Autor präsentiert eine Reihe von Erzählsträngen, die erst im Laufe der Zeit zusammengeführt werden. Da gibt es Thargor, den sehr stereotypen schwertschwingenden Helden in einer ebenso stereotypen Fantasywelt, offensichtlich ein Rollenspiel. Dazu findet man einige undurchsichtigere Episoden, etwa über einen psychopathischen Serienmörder oder einen altägyptischen Gottkönig.

Sehr beeindruckend im Sinne meiner Otherland-Erwartungen, aber auch sehr beängstigend finde ich die Handlung um Paul Jonas, die das Buch auch eröffnet: er ist Soldat in einem Schützengraben im ersten Weltkrieg, aber Kulisse und Handlung sind in ihrem Schrecken seltsam abstrahiert, der Beschuß nie endend, Jonas' Erinnerung verblaßt, sein Erleben von seltsamen Träumen geprägt. Dieser Erzählstrang blieb für mich lange unklar, aber er gehört zu den stärkeren Seiten des Romans.

Die Haupthandlung ist dagegen so gewöhnlich, daß sie sich fast im eigenen Bekanntenkreis abspielen könnte: die Südafrikanerin Irene Sulaweyo (Renie) lehrt an der Universität, muß sich aber nebenbei um ihren Bruder kümmern, der noch ein Kind ist, und ihren Vater, der seit dem Tod der Mutter apathisch geworden und dem Alkohol verfallen ist. Ihre kleinen Sorgen und Nöte spitzen sich zu, als ihr Bruder plötzlich ins Koma fällt. Bei ihren Recherchen findet Renie heraus, daß es überall auf der Welt ähnliche Fälle gibt. Zusammen mit einem ihrer Studenten, dem Buschmann !Xabbu, macht sie sich daran, den Grund für die Epidemie aufzudecken.

Ich bin durchaus kein Feind von Erzählungen mit Längen -- allerdings erwarte ich schon, daß diese Längen einen erzählerischen Sinn haben. Wenn City of Golden Shadow an die vierhundert Seiten Vorgeplänkel braucht, bis der Leser überhaupt weiß, worum es sich dreht -- bis sozusagen die Frage gestellt ist und die Suche nach der Antwort beginnen kann -- dann möchte ich auch, daß das Vorgeplänkel an sich und ohne den Hintergrund des Romans eine spannende Geschichte bietet. Frei nach Saint-Exupéry soll eben kein Satz gestrichen werden können. Bei einigen der Erzählstränge hat Williams das geschafft -- vor allem eben bei dem um Paul Jonas -- aber die Geschichte um Renie plätschert leider recht langweilig vor sich hin. Wenn es andererseits nur um die Vorstellung der Charaktere gegangen wäre, dann hätte man das auch wesentlich weniger raumgreifend tun können.

Ab diesem Punkt, an dem also Charaktere und Kulisse an Ort und Stelle sind und die eigentliche Handlung beginnt, ist das Buch dann endlich spannend und mitreißend bis zur letzten Seite. Damit sind wir auch schon bei dem zweiten Problem, das ich mit City of Golden Shadow habe: es hat kein Ende. Damit meine ich nicht, daß etwa das Dénouement zugunsten eines Cliffhangers fehlte. Vielmehr hört das Buch einfach mitten in der Handlung -- aber mitnichten an einer herausragend spannenden Stelle -- auf. Zugegeben, Otherland gilt als ein langer Roman, der lediglich aufgrund äußerer Umstände in vier Bänden erschienen ist (Bücher mit viertausend Seiten lassen sich nunmal schlecht binden oder verkaufen). Allerdings erwarte ich trotzdem, daß die einzelnen Bände wenigstens in Grundzügen einen Abschluß bieten, zum Beispiel indem eine Teilhandlung beendet und die nächste noch nicht begonnen ist. Das klappt bei den allseits beliebten Trilogien ja auch, selbst beim Herrn der Ringe, der ursprünglich als einbändiges Werk geplant und dann vom Verlag aus wirtschaftlichen Gründen geteilt wurde.

Zusammenfassend finde ich -- ohne Kenntnis der anderen Bände -- die Geschichte durchaus interessant und spannend, wegen des viel zu langen Anfangs und des fehlenden Endes mag ich aber trotzdem nur drei von fünf Sternen vergeben.

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Es fällt mir ein bißchen schwer, eine Rezension für The Inimitable Jeeves zu schreiben: eigentlich ist alles wesentliche schon gesagt. Das ursprünglich 1923 erschienene Buch enthält bestes Jeeves-und-Wooster-Material, präsentiert mit Wodehouse'schem Sprachwitz: Bingo Little geht durch diverse Liebschaften, Berties Vettern schlagen über die Stränge, und gewettet wird auf alles, sogar auf die Länge von Predigten.

I buzzed into the flat like an east wind ... and there was the box of cigarettes on the small table and the illustrated weekly papers on the big table and my slippers on the floor, and every dashed thing so bally right, if you know what I mean, that I started to calm down in the first two seconds.

In gewisser Weise erinnert das Lesen des Buchs an das Leben von Bertie Wooster: eigentlich passiert immer wieder das gleiche; aber das wirkt überhaupt nicht langweilig, sondern in seiner Vertrautheit anrührend, sozusagen das literarische Äquivalent zum Sessel am Kamin.

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How these papers have been placed in sequence will be made clear in the reading of them.

Ich fahre gerade durch Minden, und der ausgelesene Dracula liegt vor mir. Daß ich zwei Jahre für die gut fünfhundert kleinformatigen Seiten gebraucht habe, liegt nicht -- wie man vielleicht vermuten könnte -- am Text selbst; es ist allein der Tatsache geschuldet, daß dieses Buch, einmal unterwegs begonnen, für mich zur Reiselektüre geworden ist, die ich nur im Zug wirklich lesen mag.

Stokers Dracula ist sicher einer der bekanntesten Romane; ich möchte aber bezweifeln, ob er auch zu den meistgelesenen gehört: er dürfte vielmehr als Symbol für unzählige Filme (oft unter gleichem Namen) und Bücher stehen.

Für mich ist das Interessanteste an der Geschichte nicht die Handlung an sich -- Vampirbücher gibt es schließlich genug am Markt; auch die Art der Erzählung, eine Sammlung von Briefen, Telegrammen und Tagebucheinträgen, ist zwar nicht völlig gewöhnlich, aber auch nicht gerade einzigartig. Sehr schön gelungen finde ich hier übrigens die verschachtelten Berichte aus Kostovas Historian.

Nein, der wirklich interessante Punkt ist der Einblick in die viktorianische Gesellschaft, die der Leser erhält. Ich kann nur vermuten, daß dies einem zeitgenössischen Leser kaum auffiele -- aus heutiger Sicht jedoch springt die Fremdheit fast aus jeder Zeile heraus. Sei es Klassentrennung, die starken Geschlechterrollen, oder die alles durchdringende Religiosität -- die Unterschiede zum einundzwanzigsten Jahrhundert muten um so stärker an, als Urbanisierung und technischer Fortschritt im ausgehenden neunzehnten ihrem heutigen Zustand schon recht nahekommen.

May it not frighten her terribly? It is unusual to break into a lady's room!

An dieser Stelle möchte ich exemplarisch die Klassengesellschaft herausgreifen.

Da gibt es den Arbeiter: dem Bier zugetan, verstockt bis unterwürfig (je nach Trockenheit der Kehle), einfältig oder bestenfalls mit Bauernschläue beseelt.
Welch Unterschied dazu der Bürger aus der Mittelschicht: mit untadeligem Benehmen, prinzipientreu, jederzeit dem Wohl anderer und der Gesellschaft verpflichtet.
Ja, und dann haben wir natürlich noch den Aristokraten, dem zusätzlich ein Führungsanspruch zu eigen ist: sei es, daß er jederzeit mit jedem Menschen sprechen kann, wenn er es wünscht; sei es, daß eigentlich absolute Verschwiegenheit ihm gegenüber doch nicht unbedingt gewahrt wird.

Nun wäre es natürlich naiv, anzunehmen, heutzutage existierten keine Schichten oder Geschlechterrollen mehr. Nicht ganz sicher bin ich mir aber, ob die hier dargestellten viel krasseren Unterschiede den Blick für unsere Welt eher schärfen oder verstellen. Wie dem auch sei: fünf Sterne und eine Leseempfehlung gibt es in jedem Falle.

[Edit: Typo]

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Vor ein paar Monaten bin ich über die Fernsehserie Herr und Meister gestolpert: in dreiundzwanzig Folgen erzählen Hugh Laurie und Stephen Fry allerlei lustige Geschichten über den Dandy Wooster und seinen Diener Jeeves. Die Serie basiert auf einer Reihe Bücher, die P.G. Wodehouse zwischen 1919 und 1974 (!) geschrieben hat.
Der Herr, das ist Bertram Wooster: er (oder zumindest seine Familie, in der Regel repräsentiert durch zwei Tanten) ist reich genug, um niemals einem Broterwerb nachgehen zu müssen. Er ist auch faul genug, um keinem besonderen Steckenpferd zu frönen, kein Ehrenamt zu bekleiden, oder sonstwie seine Zeit zu verbringen. Kurz: er läßt den Tag einfach an sich vorüberziehen, wenn er nicht gerade einer familiären Verpflichtung nachkommt oder einem seiner Freunde aus der Klemme hilft.
Der Meister, das ist Jeeves: Woosters Diener ist hochgebildet, weiß alles, kann alles, und ist nicht aus der Ruhe zu bringen.

‘Is Lord Pershore in, Jeeves?’
‘No, sir.’
‘Do you expect him back to dinner?’
‘No, sir.’
‘Where is he?’
‘In prison, sir.’
‘In prison!’
‘Yes, sir.’
‘You don't mean -- in prison?’
‘Yes, sir.’

Wooster mag im Gegensatz dazu etwas simpel erscheinen, aber das stimmt nicht wirklich: eigentlich kann er es sich bloß leisten, nicht nachzudenken -- dumm ist er keineswegs. Allerdings: wenn es darum geht, sich, seine Freunde oder Verwandten aus einer mißlichen Lage zu befreien -- das wiederkehrende Motiv der Geschichten -- dann verläßt Bertie sich besser auf Jeeves' Geistesblitze als auf seine eigenen Ideen. Sei es eine ungeliebte Verlobung, die es zu lösen gilt (natürlich ohne daß der betreffende Herr diesen Schritt selbst unternimmt), zerbrochene Bande, die wiederhergestellt werden wollen, oder das Abwerben von Hauspersonal: Jeeves hat immer die passenden Kniffe parat.

‘Mr Bickersteth called to see you this evening, sir, while you were out.’
‘Oh?’ I said.
‘Twice, sir. He appeared a trifle agitated.’
‘What, pipped?’
‘He gave that impression, sir.’

Die Spannung beziehen die Geschichten dabei weniger aus der Handlung, sondern vielmehr aus den Gegensätzen der beiden Hauptakteure, die doch so gut zueinander passen: beide sind sehr britisch, in der Oberschicht zu Hause; doch während Jeeves ruhig, stets korrekt und mit distinguierter Sprache auftritt, ist Wooster begeisterungsfähig, fahrig und schnodderig: er pflegt eine sehr einfallsreiche, saloppe Jugendsprache, die Verwandtschaft und Gäste regelmäßig empört (wenn sie ihn denn verstehen), der man seine gesellschaftliche Stellung aber durchaus anhört. Das versteht der Autor so gut und humorvoll umzusetzen, daß mich schon die Sprache allein begeistert. Ich muß gestehen, daß die Handlung dabei für mich oft im Hintergrund bleibt, obwohl ich die Streifzüge durch die höhere Gesellschaft durchaus nicht uninteressant finde.

Carry On, Jeeves, das ich gerade beendet habe, ist für mich -- sieht man von der Fernsehserie einmal ab -- erst die zweite Begegnung mit Jeeves und Wooster, aber sicher nicht die letzte. Um Nachschub brauche ich mir zum Glück keine Sorgen zu machen: dafür sorgt schon die Eule, die immer wieder mit einem verzückten Gesichtsausdruck und einem neuen Band vor mir steht.

‘Jeeves,’ I said, ‘this is a time for deeds, not words. Pack -- and that right speedily.’
‘I have packed, sir.’
‘Find out when there is a train for Cambridge.’
‘There is one in forty minutes, sir.’
‘Call a taxi.’
‘A taxi is at the door, sir.’
‘Good!’ I said. Then lead me to it.’

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Vor ein paar Tagen sind wir mit dem Buch Alles für den Kater von Eva Berberich fertig geworden. In diesem Falle heißt wir sind fertiggeworden, daß wir uns das Buch gegenseitig kapitelweise vorgelesen haben. Nun ja, in letzter Zeit habe ich hauptsächlich gelesen, und die Eule hat zugehört.

Für eine "richtige" Rezension fehlt mir, glaube ich, der Inhalt.
Trotzdem möchte ich ein paar Worte loswerden: das Buch enthält kleine Geschichten über das Zusammenleben mit einem Kater. Wer selbst eine Katze hat (oder hatte), dem wird vieles bekannt vorkommen. Zugegeben, die Katzen, die ich bisher kennengelernt habe, konnten alle nicht sprechen. Aber wenn sie es denn könnten, dann sprächen sie ganz ähnlich wie Mephistopheles (kurz: Stoffele), Hauptfigur des Buches: phantasievoll, sehr von sich eingenommen, aber doch irgendwie anhänglich.
Großen Tiefgang habe ich dort nicht entdeckt, aber die Geschichten sind schön geschrieben. Außerdem eignen sie sich aufgrund ihrer Länge -- fünf bis zehn Seiten pro Kapitel, groß gedruckt -- hervorragend zum Vorlesen.

Miau.

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Foundation nach fünfzehn Jahren noch einmal zu lesen, war ein seltsames Gefühl: das Buch ist natürlich dasselbe geblieben, der Rezipient aber nicht. Was mir am deutlichsten aufgefallen ist: die Welt der Foundation fühlt sich klein an. Von der Zivilisation, die eine ganze Galaxis besiedelt, von der gigantischen Hauptstadt Trantor, die einen ganzen Planeten umfaßt, wird zwar erzählt; aber ein Gefühl für die Größe fehlt mir.
Die Grundzüge der Handlung sind schnell erzählt: Hari Seldon hat die Psychologie zu einer exakten Wissenschaft gemacht, indem er Statistik auf menschliches Verhalten anwandte -- ganz analog zur statistischen Mechanik, die das Verhalten von physikalischen Vielteilchensystemen beschreibt.
Dabei entdeckt Seldon, daß das galaktische Reich sich im Zerfall befindet.

And after the Fall will come inevitable barbarism, a period which, our psychohistory tells us, should, under ordinary circumstances, last for thirty thousand years. We cannot stop the Fall. We do not wish to; for Imperial culture has lost whatever virility and worth it once had. But we can shorten the period of Barbarism that must follow---down to a single thousand of years.

Um das barbarische Zeitalter, das dem Zerfall des Reiches folgt, zu verkürzen, gründet er unter einem Vorwand eine neue Zivilisation am Rande der alten; diese manipuliert er mit Hilfe seiner Theorie so, daß sie den Grundstein für den Aufstieg einer neuen Hochkultur legt.
Mit der Bewertung dieses klassischen Asimov-Titels tue ich mich recht schwer: das Thema halte ich für sehr gelungen, die Idee der Psychohistory ist gerade aus den Augen eines Naturwissenschaftlers betrachtet geradezu genial. Als das Werk Anfang der fünfziger Jahre erschienen ist, muß es visionär gewesen sein.
Aus heutiger Zeit scheinen allerdings die Fünfziger doch recht deutlich zwischen den Zeilen durch.

Auf einer Skala von eins bis fünf möchte ich es mit drei bis vier Sternen bewerten und entscheide mich letztlich dafür, es im Kontext seiner Zeit zu sehen und den letzten halben Stern noch aufzurunden. Für SF-Interessierte ist das Buch sicherlich Pflichtlektüre; wer mit dem Genre nicht soviel anfangen kann, findet hier solide hard SF, die dennoch für Mainstream-Leser zugänglich bleibt.

[lovelybooks]

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Unter meinen Büchern befindet sich so manches, das seit längerem darauf wartet, gelesen zu werden. Es gibt auch ein oder zwei, die ich angefangen habe, ohne so recht voran zu kommen.
Aber unter denen, die ich erst gar nicht anrühren mochte, war auch Brian Greenes Fabric of the Cosmos -- zur Abwechslung mal ein Sachbuch. Inzwischen bin ich durch und muß sagen: es gab überhaupt keinen Grund, mit der Lektüre so lange zu zögern.

Greene setzt sich in seinem Buch mit der Frage auseinander, was denn Raum und Zeit eigentlich sind -- sind sie dinglich, ein Etwas; oder lediglich ein mathematisches Abstraktum, um die Beziehung von Dingen (mögen es subatomare Teilchen oder ganze Galaxien sein) untereinander auszudrücken? Dabei geht es in erster Linie durchaus nicht um eine philospohische Abhandlung, sondern um ganz konkrete Physik. Diese darzustellen, gelingt dem Autor hervorragend: sie ist für den Laien verständlich dargestellt, ohne in Banalitäten abzugleiten; und auch der Physiker kann noch neues hinzulernen.

Angefangen mit dem Raum- und Zeitbegriff der klassischen Mechanik über die relativistische Raumzeit bis hin zu String- und M-Theorie klopft Greene die Physik auf ihre Herangehensweise an das Gewebe des Kosmos ab. Dabei mußte ich feststellen, daß zum Beispiel die Frage nach dem Zeitpfeil[1] deutlich komplexer ist, als ich bisher angenommen hatte. Der banale Hinweis auf den zweiten Hauptsatz reicht jedenfalls als Antwort nicht aus.

Ganz nebenbei entwickelt er damit auch eine Geschichte der Physik -- ähnlich wie Singh das für die Mathematik getan hat. Und diese Geschichte ist wiederum hervorragend geeignet, einen Überblick über das Fach zu erhalten.

[1] Die Frage lautet: Was unterscheidet morgen von gestern? Fast alle physikalischen Gesetze unterscheiden nicht zwischen Zukunft und Vergangenheit, die beschriebenen Vorgänge können genausogut vorwärts wie rückwärts ablaufen. Dennoch können wir bei makroskopischen Ereignissen leicht zwischen vorwärts und rückwärts unterscheiden -- Gläser zerbrechen, aber Scherben setzen sich nicht von selbst wieder zu Gläsern zusammen; wir erinnern uns an die Vergangenheit, aber nicht an die Zukunft.

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Splendidly discursive sei David Crystals By Hook or By Crook, so wird der Independent auf dem Umschlag zitiert; und das trifft den Kern ziemlich gut: der Autor fährt im Auftrag der BBC durch England (und Wales), um über die verschiedenen regionalen Dialekte zu berichten. Der Leser erfährt darüber hinaus alles, was ihm bei der Fahrt einfällt -- manchmal sind es die Herkunft von Orts- oder Kneipennamen; aber oft genug spinnt er eine Assoziationskette, die irgendwo enden kann: bei einer Fernsehserie oder auf einem anderen Kontinent zum Beispiel.
Diesen Erzählstil muß man natürlich mögen, wenn einen die Lektüre nicht in den Wahnsinn treiben soll. Andererseits kann man das Buch durchaus längere Zeit beiseite legen, denn einen Faden, den zu verlieren man fürchten müßte, gibt es ja nicht.
Mir hat das Buch ganz gut gefallen, aber irgendwann fing es doch an, sich etwas zu ziehen -- zweihundert Seiten hätten es in meinen Augen auch getan. Das mag allerdings anders aussehen, wenn man einige Zeit in England verbracht und eine Beziehung zu den Orten hat, die Crystal in seiner Journey in Search of English besucht.

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