Archive vom Januar, 2012

Der Winter ist da! Nachdem das Wochenende mit um die Null Grad unangenehm feucht war, ist es heute frostig und trockener. Außerdem erwartete mich neben der Haustür ein Päckchen: über's Wochenende ist der zweite Band von Pepys eingetrudelt! Ich hab's im Bus gleich ausgepackt ... Jetzt muß ich nur noch einen Monat aufholen, dann kann die Echtzeit-Lesung losgehen. Der Verkäufer hat übrigens nicht übertrieben, indem er den Zustand als sehr gut beschrieb -- das Buch sieht aus wie neu.

Im Institut angekommen, überrascht mich das Thermometer an der Pförtnerloge dann doch: --6°.

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Gerade habe ich zwei Bücher beendet, zu denen ich gerne etwas schreiben möchte, ohne gleich vollständige Rezensionen daraus zu machen. Zum einen gab es ein Wiedersehen mit Sherlock Holmes. Anthony Horowitz führt hier Watson die Feder, als der einen "alten" Fall beschreibt, den er wegen der Verwicklung gesellschaftlich höchster Schichten erst im hohen Alter zu Papier bringt. Das Buch hat mir durchweg gut gefallen: der Autor macht das viktorianische London lebendig, die Sprache wirkt der Zeit angemessen. Auch Watson und Holmes sind sozusagen ganz die alten, sie sehen in Horowitz' Augen nicht anders aus als aus Doyles Sicht. Das Verbrechen -- das Holmes wie immer schon nach kurzer Zeit durchblickt -- ist insofern der einzig moderne Aspekt des Romans, als daß Doyle es sicher nicht gewählt hätte; dennoch paßt der Autor den Fall stimmig in Holmes' Zeit ein, so daß er nicht als Fremdkörper wirkt.

Wenn ich dem Buch nur vier von fünf Sternen gebe, so liegt das einfach daran, daß The House of Silk nicht mehr ist -- und auch gar nicht mehr sein kann -- als der Umschlag behauptet: The new Sherlock Holmes Novel.

Vom viktorianischen Zeitalter geht es jetzt einen großen Sprung zurück in das Zeitalter der Restoration. Eines Tages beschloß ein junger englischer Verwaltungsangestellter, Tagebuch zu führen. Das ist zunächst nichts besonderes. Außerordentlich ist aber, daß er das über zehn Jahre lang durchhält (und dabei nur ganz wenige Tage ausläßt); außerordentlich ist auch, daß er Staatsangelegenheiten, private Erlebnisse und Belanglosigkeiten (etwa das, was bei mir unter Kram läuft) völlig gleichberechtigt nebeneinander stellt; außerordentlich ist schließlich auch das, was er erlebt: die Restoration Charles' des Zweiten, die Pest, den Brand von London. Interesting times, indeed.

Und so kommt es, daß das Tagebuch von Samuel Pepys heute in England eine Berühmtheit erreicht hat, die ihresgleichen sucht. Ich bin mit dem ersten Band (dem Jahr 1660) inzwischen durch, und freue mich schon auf den zweiten. Ich will versuchen, diesen sozusagen in Echtzeit zu lesen, also etwa einen Eintrag pro Tag, und hier dann gelegentlich davon berichten. Ich spare mir an dieser Stelle, auf den Inhalt des ersten Bandes einzugehen -- es soll ja keine echte Rezension werden -- und grübele stattdessen, wie viele Sterne ich dafür vergeben soll. Einen Roman würde ich nach seiner Sprache und seinen Ideen bewerten sowie danach, wie packend er geschrieben ist. Ein Sachbuch etwa nach dem Umfang des Inhalts und der didaktischen Darbietung. Aber ein Tagebuch? Mir fehlen schlicht die Kriterien, nach denen ich ein Urteil fällen könnte, so daß ich einfach darauf verzichte.

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Im Rahmen der LovelyBooks-Lesechallenge 2012 habe ich von Val McDermid Alle Rache will Ewigkeit gelesen, finde aber den Beginn der Challenge ein wenig enttäuschend.

Inhalt: Die Gerichtspsychiaterin Charlie, die derzeit sowohl aus beruflicher wie auch privater Perspektive keine leichte Zeit hat, wird durch eine frühere Dozentin von ihr gebeten einen Mordfall an ihrem altem College zu untersuchen. Diese Dozentin ist nun nicht nur zufällig die Schwiegermutter des Ermordeten, sondern glaubt auch zu wissen, wer der Mörder ist und dass es sich zudem nicht um das erste Opfer handelt. Charlie die - getrieben von ihrer Neugier, dem Mangel an anderen Aufgaben und der Hoffnung einen Justizirrtum aufzudecken - dem Wunsch nachkommt inoffiziell zu ermitteln, taucht in die Welt des Colleges ein und begibt sich dabei selbst in Gefahr.
Meine Meinung: Ich fand den Aufbau der Geschichte, bei dem eine inoffizielle Ermittlerin bereits „abgeschlossene“ Morde untersucht, recht reizvoll und mal eine Abwechslung zu den ewig vielen Kriminalromanen, in denen ein Ermittler der Polizei unter Aufbietung seines gesamten Scharfsinns und unter Einsatz seines Lebens den Fall löst. Leider hatte ich den Eindruck, dass diese Form der Geschichte die Spannung reduzierte, beschränkt sich die Hauptprotagonistin Charlie doch den Großteil des Buches darauf mit Leuten zu reden, durch die Gegend zu laufen/reisen und Zeitungsartikel zu lesen um die Vergangenheit zu erforschen. Auch die Ausschnitte die sich mit dem Privatleben von Charlie und den anderen wichtigen Akteuren beschäftigen steigern die Spannung nur unwesentlich, sind doch viele Teile der Story sehr vorhersehbar. Dies betrifft auch leider die Frage nach dem Mörder, die schon früh (zu früh für meinen Geschmack) für den Leser beantwortet wird, wodurch der Spannungsbogen zum Schluss des Buches hin leidet.
Im Buch spielt das Thema Homosexualität eine große Rolle. Dagegen selbst wäre ja überhaupt nichts einzuwenden, wenn nicht der Großteil der wichtigen Akteure weiblich und lesbisch wäre und die meisten männlichen Akteure irgendwie „seltsam“ wirken. Tatsächlich war ich recht irritiert davon, dass Männer in diesem Buch häufiger  als „ungewöhnliche“ Personen (z.B. tot, alkoholabhängig, ehemalige Junkies etc.). mitspielen, als als zurechnungsfähige Menschen mit denen man ein vernünftiges Gespräch führen kann. In diesem Punkt war mir die Charakterauswahl der Autorin eindeutig zu einseitig.

Fazit: Obwohl das Buch deutlich spannender hätte gestaltet sein können und die Charaktere ein wenig einseitig wirken, hat das Buch eine interessante Geschichtsperspektive und eine logische Auflösung des Falls. Nicht das Schlechteste was ich je gelesen habe, aber es geht auch deutlich besser...

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Der Webcomic xkcd behandelt nach eigener Aussage romance, sarcasm, math, and language. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich an die etwas kruden Strichmännchen gewöhnt habe, aber inzwischen hat er seinen Platz in meiner Bookmarkliste an der Seite von Dilbert und UserFriendly verdient.

Heute gibt es ein Diagramm über die Schwierigkeit, die Computer mit diversen Spielen haben. Angefangen von vollständig gelösten Spielen wie Tic-Tac-Toe über solche, bei denen selbst Weltmeister gegen Programme keine Chance haben (Reversi, seit einiger Zeit auch Schach) geht die Liste hoch zu Spielen, bei denen Menschen immer noch die Oberhand haben. Daß Go weit oben stehen würde, hatte ich erwartet; daß Snakes and Ladders1 ein besonders kompliziertes Spiel sei, war mir dagegen neu, und so habe ich ein wenig Recherche den vier Einträgen oberhalb von Go betrieben. Das Ergebnis:

  • Snakes and Ladders ist ein reines Glücksspiel, das man weder gut noch schlecht spielen kann
  • Mao muß man spielen, ohne die Regeln zu kennen
  • Seven Minutes in Heaven -- ähem
  • Calvinball gibt es gar nicht

Romance, sarcasm, math, and language, indeed.

  1. oberhalb von Go eingeordnet []
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Der Januar ist ja in vielen Blogs der große Monat der Jahresrückblicke (manche fangen auch schon im Dezember an). Ich beschränke mich -- fürs erste jedenfalls -- auf die Lesestatistik. Eine solche habe ich 2011 zum ersten Mal geführt, also will ich hier auch ein paar Zahlen kund tun.

Im ganzen komme ich auf 26 Bücher, das ist zwar nicht die Welt, aber doch recht anständig -- alle zwei Wochen eines. Die tatsächliche Verteilung ist aus naheliegenden Gründen eher zum Jahresanfang hin verschoben, in den letzten Monaten fehlte dann etwas die Zeit.

Mein SUB1 ist mehr oder weniger konstant geblieben; was ich im Sommer abgearbeitet habe, ist zum Geburtstag wieder dazugekommen. Generell habe ich die Angewohnheit, den SUB wirklich als Stapel im Sinne der Informatik zu betrachten, also die neuesten Bücher zuerst zu lesen. Eigentlich ist das auch ganz einleuchtend, ich kaufe mir halt, was mich im Moment anspricht, und will das dann auch sofort lesen.

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß unter den 37 Ungelesenen, die ich aus 2010 mitgenommen habe, etliche Karteileichen sind -- etwa Kochbücher oder Nachschlagewerke, die ich irgendwann als ungelesen bei Lovelybooks aufgenommen habe, die man aber nie im Sinne eines Romans oder auch Sachbuchs liest sondern höchstens konsultiert. Darum kümmere ich mich auch noch. Irgendwann.

  1. Stapel ungelesener Bücher []
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Gerade habe ich festgestellt, daß die Datenbank dieses Blogs zu 99% aus dem Scrobbler-Cache1 und Daten für des Statistik-Plugin2 besteht. Nach einem passenden DROP ist die Seite auch plötzlich wieder viel flotter ...

  1. ich benutze kein LastFM mehr []
  2. mäßige Qualität, das kann mein Hoster besser, oder ich werte die Serverlogs selber aus []
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Vor gut drei Jahren habe ich Patrick Rothfuss' Debüt The Name of the Wind gelesen. Das Buch hat mich damals wirklich begeistert, es hat auch direkt fünf Sterne bei Lovelybooks bekommen, und natürlich mußte eine Rezension geschrieben werden. Ich machte ein paar Stichworte -- die Welt, die Rothfuss erschaffen hat, ist sehr anders als die übliche Fantasy, dabei sehr überzeugend, ich habe aber nicht herausgefunden, warum. Ja, und dabei ist es dann geblieben.

Inzwischen hat nicht nur das Warten auf den zweiten Teil, The Wise Man's Fear, ein Ende, ich habe das Buch auch schon gelesen und versuche mich nochmal an einer Rezension.

Die Geschichte spielt -- wie das im Genre so üblich ist -- in einer Art Pseudo-Mittelalter, und sie handelt von einem Mann namens Kvothe. Der Klappentext charakterisiert ihn so:

I have stolen princesses back from sleeping barrow kings. I burned down the town of Trebon. I have spent the night with Felurian and left with both my sanity and my life. I was expelled from the University at a younger age than most people are allowed in. I tread paths by moonlight that others fear to speak of during day. I have talked to Gods, loved women, and written songs that make the minstrels weep. My name is Kvothe. You may have heard of me.

Kvothe ist eines Tages verschwunden, und niemand weiß, was aus ihm geworden ist: er nennt sich jetzt Kote und betreibt in irgendeinem gottverlassenen Kuhkaff ein Wirtshaus. Dort hat er bisher ein ruhiges Leben verbracht, doch zu Beginn des ersten Bandes passieren einige sehr beunruhigende Dinge, die einen Mann des Dorfes das Leben kosten -- und Kote weiß offenbar mehr darüber. Gleichzeitig taucht ein Schreiber namens Chronicler auf. Er erkennt Kvothe und überredet ihn, seine Geschichte zu erzählen. Der Rest der beiden Bücher besteht im wesentlichen aus dieser Geschichte.

Sehr gut hat mir gefallen, daß Rothfuss auf die typischen High-Fantasy-Zutaten (Orks, Elben, Zwerge) verzichtet. Das heißt natürlich nicht, daß er alles neu erfindet; man findet zum Beispiel die Fae, den alten Glauben, daß die Kenntnis von Namen Macht verleiht, oder auch die antimagischen Eigenschaften von Eisen1. Dabei präsentiert der Autor seine Welt durch und durch glaubwürdig. Als Beispiel mag an dieser Stelle die Magie herhalten. Sie ist zwar Standardzutat in der Fantasy2, aber immer ein zweischneidiges Schwert: zum einen kann sie beim Leser ein Staunen auslösen; andererseits bringt sie aber den Autoren in Erklärungsnot: warum kann der Held Situation X mit magischer Hilfe meistern, nicht aber das Ziel einer Quest mit einem Fingerschnippen erreichen? Könnte er das, wäre manch ein Buch nur halb so dick...

Bei Rothfuss sprechen nur Laien von Magie. Die Eingeweihten (Arcanists) unterscheiden da zwischen den Fachrichtungen: es gibt Alchemie, Naming3, Sympathy und Sygaldry ...

Sympathy zum Beispiel bedeutet, daß der Arcanist zwischen zwei Dingen eine Verbindung schafft, und zwar letztlich durch seine feste Überzeugung (Alar), daß diese Verbindung existiert. Dann kann man z.B. den einen Gegenstand hochheben oder erwärmen, worauf der zweite, verbundene Gegenstand ebenfalls emporschwebt (oder warm wird), ohne daß von außen eine Ursache erkennbar wäre. So weit, so magisch. Das heißt aber nicht, daß man einfach einen Kiesel mit einem Felsen verbinden und diesen dann hochheben könnte -- der Energieerhaltungssatz gilt auch hier, und der Kiesel fühlt sich, sobald er verbunden ist, so schwer an wie der Fels. Doch damit nicht genug: je ähnlicher sich zwei Dinge sind, desto besser die Verbindung. Zwei gleiche Münzen oder ein Feuer mit einer Handvoll seiner Asche gehen besser als etwa zwei Äste von unterschiedlichen Bäumen, und diese wieder besser als zwei völlig verschiedene Dinge (eine Münze mit einem Ast). Je schlechter aber eine Verbindung ist, desto schwieriger, sie zu nutzen: wenn ich also mit dem Ast einer Münze hochheben will, so wird sich dieser wesentlich schwerer anfühlen, als das Gewicht von Ast und Münze allein es erklären können. Die überschüssige Energie (Slippage) geht dann unkontrolliert in die Umgebung4. Das erinnert an die Beschränkungen thermodynamischer Maschinen.

Natürlich dreht sich Kvothes Leben nicht nur um Magie, aber hier sieht man noch am leichtesten, warum die Geschichte so glaubwürdig wirkt. Die anderen Aspekte sind nicht weniger überzeugend dargestellt -- seien es die als Diebe und Vagabunden verschrieenen, aber auch als Musiker und Schauspieler geachteten Edema Ruh5, das von meditierenden Schwertkämpfern bevölkerte Ademre6, oder aber die durch den Austausch gravierter Ringe zum Ausdruck gebrachte Hierarchie am Hofe des Maer Aldaron.

Manches, was im ersten Band noch ein Rätsel war, wird in Wise Man's Fear zumindest etwas klarer, und ich bin schon versucht, The Name of the Wind nochmals zu lesen; anderes -- wie die Scrael -- taucht in Kvothes Erzählung gar nicht auf7 und bleibt dunkel. Nicht nur deshalb, sondern auch, weil dies die besten Fantasybücher sind, die ich seit langem gelesen habe, freue ich mich bereits auf den dritten Band.

  1. Darüber bin ich schon in mehreren Romanen gestolpert, ohne daß ich eine Quelle finden konnte. Weiß jemand mehr? []
  2. und Science Fiction, auch wenn sie dann Star Drive oder Replikator heißt... []
  3. Da haben wir die Macht der Namen in neuem Gewand. []
  4. Oder auch in den Körper des Arkanisten, was unangenehm bis tödlich sein kann. []
  5. Das kommt mir irgendwie bekannt vor. []
  6. Das auch, wenngleich die blonden Haare neu sind. []
  7. sondern nur in der knappen Rahmenhandlung um das Wirtshaus []
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