Archiv vom September 10th, 2011

Eh man sich's versieht, ist ein ganzer Monat ohne Eintrag vergangen -- jetzt bin ich aber wieder da. In der Zwischenzeit habe ich Markus Heitz' Zwerge hinter mich gebracht.

Der Klappentext legt die Latte hoch, indem er den Vergleich zu Tolkien zieht. In der Tat erinnert das Geborgene Land stark an Mittelerde, mit all seinen Zwergen und Elben, Menschen und Orks, und natürlich den Zauberern. Nun wird dem Herrn der Ringe oft vorgeworfen, Schwarzweißmalerei zu betreiben: hier die Guten (Elben und blonde Menschen), dort die Bösen (Orks, dunkelhäutige Menschen, und alles, was häßlich ist). In der Beziehung läßt sich auch Herr Heitz nicht lumpen: die Widersacher sind abstoßend, krank und (meistens) dumm.

Djerun erlegte eine ausgezehrte Hirschkuh, deren Fleisch sie nach kurzem Rösten über dem Feuer hungrig verschlangen. Den schimmeligen Beigeschmack versuchten sie zu ignorieren.

Leider ist da auch schon fast Schluß mit den Parallelen: Tolkiens Werk stützt sich auf eine umfangreiche Mythologie, Historie und mehrere ausgearbeitete Sprachen. Die Zwerge wirken dagegen einfach nur oberflächlich. Ein paar diakritische Zeichen, die man über die Namen der Charaktere streut, sollen wohl für den fremdländischen Touch sorgen, wirken aber eher hilflos, zumal sich Zwergennamen von solchen der Elben oder Menschen eh wenig unterscheiden. Die Landkarte ist kaum mehr als eine lieblos hingeworfene Skizze, die weder hilft, die Handlung einzuordnen, noch Neugier auf unbekannte Länder weckt. Und überhaupt, die Landschaft: Braunes Gebirge, Blaues Gebirge, Rotes Gebirge, Schwarzes Gebirge -- geht es noch unrealistischer? So funktionieren vielleicht Straßennamen im Neubaugebiet, aber echte, gewachsene Namen sind nicht so systematisch.

Das alles wäre ja nicht weiter schlimm; es gibt genügend gute Bücher ohne Mythologie, ohne eigene Sprachen, und ohne realistische Welten. Ja, wenn nur die Handlung nicht so simpel gestrickt wäre. Diese ist nämlich etwa ab Seite zweihundert (von sechshundert!) komplett vorhersehbar. Ab dort ist die Zahl der Guten genügend geschrumpft, daß klar ist, wer was tun muß; und das (sehr alte) Motiv der Quest -- also Hinreise, Erledigung einer vorbestimmten Aufgabe, Rückreise -- läßt auch nicht viel Raum für Überraschungen. Und die Frau bekommt er natürlich auch.

Objekt dieser eher langweiligen Quest ist ein ziemlich unglaubwürdiges Artefakt -- einfach möglichst viele möglichst teure Materialien zusammenzuwerfen, mag zum Protzen gut sein, aber Zauberei geht anders.

Rotes und grünes Blut spritzte, Gliedmaßen und Zähne flogen durch die Luft, und zu dem brachialen Kampflärm mischte sich das Heulen der wartenden Horden, deren Gier wuchs und wuchs.

Eine kleine Beschwerde zum Schluß muß ich noch anbringen: das Buch ist ganz schön blutig. Zugegeben, ein Krieg ist nun einmal blutig, aber ist es wirklich nötig, bei jedem Kampf genau anzugeben, welche Organe durchtrennt werden und wie der sterbende Gegner aussieht? Die oben zitierte Passage ist noch vergleichsweise zurückhaltend.

Wirklich beeinflussen kann diese Kritik die Gesamtbewertung aber auch nicht mehr, denn zwei von fünf Sternen müssen den Zwergen ohnehin genügen. Wer einen Lückenfüller für zwischendurch sucht, mag getrost zu diesem Werk greifen. Lesern, die sich tiefere Charaktere oder eine abwechslungsreichere Handlung wünschen, ist mit Autoren wie Robin Hobb oder Patrick Rothfuss besser gedient.

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