Zugegeben, geborgtes ist nicht dabei, aber ein neues und ein altes Buch kann ich bieten, oder jedenfalls eines, dessen Lektüre ich gerade beendet habe, und eines, mit dem ich vor kurzem begonnen habe.

Bei ersterem handelt es sich um Pratchetts Wee Free Men. Nachdem ich von Making Money ein wenig enttäuscht war, haben mich die blauen Männer wieder begeistert: Pratchett vom Feinsten, wenn auch nicht ganz so bissig -- aber dafür ist es ja ein Kinderbuch. Die Titelhelden sind in ihrer naiven, draufgängerischen Art einfach liebenswert, und der schottische Dialekt ist herrlich dargestellt.
Ansonsten ist das Buch so, wie Pratchetts Werke eben sind. Die Lektüre geht schnell von der Hand und macht Spaß; und wenn ich eben sagt, es sei nicht ganz so bissig, dann soll das nicht heißen, daß die Gesellschaftskritik ausgespart wäre. Sie nimmt nur einen nicht ganz so breiten Raum ein und ist vielleicht etwas zurückhaltender formuliert.

Neues gibt es von Neal Stephenson, einem meiner Lieblingsautoren. Ich glaube, auf ihn könnte ich weniger leicht verzichten als auf Pratchett: er schreibt zwar seltener, aber seine Werke unterscheiden sich viel stärker. Meine Einstiegsdroge Cryptonomicon spielte parallel im Zweiten Weltkrieg und der nahen Zukunft (inzwischen wohl schon Gegenwart) und handelte im weiteren Sinne von der Kryptographie. Der Nachfolger Baroque Cycle zeigte das Entstehen der Naturwissenschaften und des Finanzwesens zu Beginn der Aufklärung. In beiden Fällen hat mir Stephensons ruhiger Stil, der auf Spannungsbögen gerne verzichtet und stattdessen einfach Geschichten erzählt, sehr gefallen. Dabei beschreibt er oft Details, die wohl nur einem Geek auffallen können -- sei es die Abhängigkeit der mathematischen Leistungsfähigkeit vom Sexualleben (komplett mit Formel und Diagrammen!), oder auch die täglichen Nebensächlichkeiten, die im siebzehnten Jahrhundert doch so anders sind als im einundzwanzigsten.

Stephensons neuestes Werk, Anathem, spielt gar nicht auf der Erde, sondern in einer seltsamen Parallelwelt, in der Wissenschaftler als eine Art Mönche und Nonnen (Fraas und Suurs) in Klöstern (Maths) leben. Manche von ihnen nehmen nur einmal im Jahrzehnt, Jahrhundert oder gar Jahrtausend Kontakt mit der Außenwelt auf, während im Innern das Leben von einer riesigen mechanischen Uhr geregelt wird.

Das ganze (oder doch zumindest die ersten fünfzig Seiten) wird in einer Sprache erzählt, die einen das Kloster fühlen läßt. Ich war von der ersten Seite an gefesselt, aber ich finde die Lektüre auch anstrengend -- Anathem ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest. Aber es verspricht ein lohnendes Unterfangen zu werden.

23:12 3 Kommentareenglish

von kirjoittaessani

3 Responses to “Old and New, Borrowed and Blue”

  1. sid Says:

    ich muss jetzt gestehen, dass ich Pratchett nie verstanden habe, mein Bruder wollte mich mal bekehren, ist da aber irgendwie völlig baden gegangen und nach diesem völligen Missversuch habe ich mich nie wieder dran getraut...

  2. kirjoittaessani Says:

    Oh, da kenne ich so einige, denen es ähnlich ergeht 🙂
    Pratchett ist offenbar kein Autor, den man lieben oder hassen muß; sondern einer, den man liebt, oder mit dem man eben gar nichts anfangen kann...

  3. kirjoittaessani » Blog Archive » Von antiken Klapptischen Says:

    [...] Schrieb ich neulich, daß in Anathem Wissenschaftler wie Mönche und Nonnen in Klostern leben, so kann ich das nach den ersten einhundertfünfzig Seiten etwas genauer ausführen: in grauer Vorzeit hatte ein gewisser Cnoüs eine Vision, die von seinen beiden Töchtern unterschiedlich interpretiert wurde. Während die eine glaubte, er habe Gott gesehen und sich gegen die Götzenanbetung ausgesprochen, befand die andere, er habe eine Art Ding an sich gesehen, eine Welt bevölkert von platonischen Ideen, die er der Welt der Erscheinungen vorziehe. [...]