Archive vom Dezember, 2005

Mir ist gerade erst aufgefallen, daß ich den Rest meines Artikels zu Laird Barrons Imago Sequence schuldig geblieben bin.

Viel mehr habe ich allerdings auch nicht zu sagen: Barron beschreibt die Jagd nach der zweiten und dritten Fotographie der Imago Sequence, die unter den Titeln Parallax Beta und Imago bekannt sind (die erste, die die Geschichte eröffnet, heißt Parallax Alpha). Die Suche wird zunehmend seltsamer und verstörender, und Barron schafft es wirklich, einen Spannungsbogen aufzubauen, der durch die zunehmende Gewöhnung des Lesers nicht zerstört wird.
Seine "andere" Thematik alleine hebt die Geschichte positiv von gewöhnlichen Horror-Romanen und ihren Gespenstern, Untoten oder Serienmördern ab. Besondere Anerkennung verdient in meinen Augen das Ende — bei vielen Geschichten ein kritischer Punkt. The Imago Sequence verzichtet auf das (leider) übliche Geheimrezept-Ende, bei dem nur das richtige Mittel — Holzpflöcke, Kochsalzlösung, Knoblauch — gefunden werden muß, um dem Spuk ein Ende zu setzen. Trotzdem plätschert die Geschichte nicht einem ausgeblendeten Popmusikstück gleich vor sich hin, sondern hat ein definitives, "komponiertes" Ende.

Hoffentlich gibt es in Zukunft mehr von Barron.

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Hayden Griffin was plucking a fish when the gravity bell rang.
Romane, die so anfangen können eigentlich nur gut sein. Sun of Suns von Karl Schroeder beschreibt eine Welt, die sich in einem riesigen Ballon entfaltet. Den Bewohnern ist das in der Regel nicht bewußt, denn sie bekommen die Ballonhülle nie zu Gesicht. Sie leben inmitten eines schwerelosen Luftmeeres in Städten, die auf rotierenden Ringen gebaut sind.
Ihre Welt wird beleuchtet und geheizt von künstlichen Sonnen, die morgens ein- und abends wieder ausgeschaltet werden. In dieser Welt ist Winter ein Ort, und Fische müssen vor der Zubereitung gerupft werden.

Einen Text (dem Anspruch, Kritiken zu verfassen, möchte ich mich lieber nicht stellen) zu einer gerade erst angefangenen Geschichte zu schreiben, ist natürlich ein bißchen verwegen, aber beim letzten Mal habe ich es auch nicht bereut.

Mit heutigen Mitteln wäre ein Ballon, der fast so groß ist wie die Erde, wohl kaum zu bauen; ihn in eine Umlaufbahn um die Vega zu bringen, wäre gleichfalls aussichtslos. Sieht man von diesen "äußeren" Faktoren ab, so findet man in Sun of Suns nicht viel, das als Science Fiction zu klassifizieren wäre: Lediglich die Sonnen zeugen von einer fortgeschrittenen Technik. Der Bau solcher überdimensionaler Glühbirnen sollte aber mit heutigen Mitteln durchaus machbar sein. Ansonsten befindet sich Schroeders Zivilisation auf einem vor- oder bestenfalls frühindustriellen Stand. Die Geschichte, die sich vor diesem Hintergrund entwickelt, handelt — zumindest vorerst — von Politik, von Intrigen, und von Krieg. Der Autor hat sie in seinem Blog als Piratengeschichte bezeichnet. Diese Themen mögen sehr altbacken anmuten, aber weil in Virga — so heißt der Ballon — alles Denken und jede Handlung von der Schwerelosigkeit und dem durch die Dreidimensionalität ins unermeßliche gewachsenen Raum beherrscht wird, ist die Geschichte neu und spannend.

Den Anfang von Sun of Suns kann man übrigens bei Analog online lesen.

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Dem Lesebefehl von Stackenblochen schließe ich mich gerne an.

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Wenn Henryk M. Broder bei Spiegel Online schreibt, dann kommt in der Regel etwas heraus, das mir nicht bekommt. Diesmal wird mir nachgerade übel. Ist das Antisemitismus, oder bin ich nur überempfindlich?
[via Mockingbird]

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Wie Telepolis berichtet, hat der Börsenverein des deutschen Buchhandels in einer Studie herausgefunden, daß es ganz verschiedene Arten gibt, mit Büchern umzugehen. Für 295 Euro darf man dann auf 168 Seiten wohl allerlei skurriles erwarten; eine Zusammenfassung gibt es kostenlos, und auch da findet man einiges zum Schmunzeln.
Etwa auf Seite 5: Die Aussagen über das Lese- und Kaufverhalten beziehen sich auf ein Jahr. Möglicherweise kaufen diese Personen nur alle zwei oder drei Jahre Bücher. Hmm. Der Trend zum Zweitbuch soll ja andauern.
Zwei Seiten weiter erfahren wir, daß nur 30 Prozent dieser Zielgruppe [der Buchkaufenden Nichtleser] wissen, dass es eine Buchpreisbindung in Deutschland gibt und deswegen Bücher lieber im Supermarkt kauft. Ist ja auch eine Möglichkeit.

Und kirjoittaessani? Ist qua Selbsteinschätzung eine Kauffreudige Leseratte, obwohl ich an dem Nettoeinkommen jenseits der 3500 Euro noch arbeiten muß.

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Wenn anderswo Wörter gesprochen und Zungen gebrochen werden, kann ich natürlich auf einen Beitrag nicht verzichten:

Kun lakkaa satamasta,

haemme lakkaa satamasta.

Das ist zwar weder schwierig auszusprechen, noch zeugt es von tiefer philosophischer Einsicht ("Wenn es aufhört zu regnen, holen wir Farbe aus dem Hafen"), aber dafür enthält der Spruch gleich zwei Homonym-Pärchen.

Eine wortweise Übersetzung, die die Grammatik des Originals einigermaßen beibehält, könnte etwa so aussehen:

wenn/es hört auf/[regnen]

wir holen/Farbe/aus dem Hafen

Die Form satamasta in der ersten Zeile ist leider unübersetzbar (wer es genau wissen will: Elativ des 3. Infinitivs).

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Auf Telepolis ist ein Interview mit John Petersen abgedruckt wiedergegeben. Das Original ist in What is Enlightenment erschienen.
Petersen äußert sich dazu, wie er sich die Energieversorgung nach dem Ende der Rohölförderung vorstellt.
Das ganze ist zwar gruselig übersetzt — ein Futurist beschäftigt sich mit Futurismus, Petersen ist wohl eher Futurologe — aber ganz interessant zu lesen. In der Zukunft, die in dem Interview beschrieben wird, wird Energie aus Äthylalkohol erzeugt, der durch Gärung aus Pflanzen entsteht. Da diese nachwachsen und dabei Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden, wären zwei wesentliche Probleme, die die Verwendung von fossilen Energieträgern mit sich bringt, gelöst.

Der letzte Teil wirkt allerdings eher komisch: Da ist von Nullpunktenergie die Rede, aber man hat das Gefühl, daß Petersen nicht wirklich weiß, was es damit auf sich hat. Dann geht es um die kalte Fusion, mit der der zweite Hautsatz der Thermodynamik ausgehebelt werden soll. Die Ausführungen hören dazu sich für mich verdächtig nach Freier Energie an — außerdem habe ich das Gefühl, daß Petersen auch den zweiten Hauptsatz nicht wirklich kennt, denn das, was er da beschreibt, scheint sich auf den ersten Hauptsatz zu beziehen.

Leider steuert Telepolis nur einen kurzen Absatz zu dem Interview bei, der diese seltsamen Aussagen wiederholt und bei der Gelegenheit auch noch von latenter Energie spricht — das ist für meinen Geschmack sprachlich zu nah an latenter Wärme, hat aber ansonsten nichts damit zu tun. Das gleiche Problem hat man auch mit dem Begriff der Freien Energie, wie ihn Pseudowissenschaftler verwenden; denn auch die freie Energie gibt es in der Thermodynamik, allerdings mit gänzlich anderen Eigenschaften.
Ich hätte es nett gefunden, wenn Telepolis sich mit den Aussagen Petersens kritisch auseinandergesetzt hätte. Auch wenn das nicht der Fall ist, haben doch zumindest einige der Kommentarschreiber im Artikelforum ihren Spaß.

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Kur Gast hat dem manager magazin eine lustige und ziemlich entlarvende Antwort entlockt.

Szenario: Um Steuerflüchtlinge ins Inland zurückzuholen, könnte man ihnen einen ermäßigten Steuersatz anbieten. Sie würden dann weniger Steuern zahlen als Bürger, die nicht mit der Abwanderung ins Ausland drohen.

Kur Gast (und kirjoittaessani) sind der Meinung, diese Möglichkeit sei abzulehnen, weil Recht für alle gleich gelten müsse.

Die Manager sind der Meinung, das entspreche "keiner zielführenden Strategie": schließlich seien die Steuereinnahmen bei Annahme der Möglichkeit höher als bei ihrer Ablehnung. Damit beweisen sie eindrucksvoll, wie man durch fehlerhafte Theorien zu falschen Schlüssen kommen kann.
Sie ignorieren Rückwirkungen der Entscheidung auf andere Steuerzahler, die nicht abwandern wollen (oder können), völlig. Ist es denn so abwegig, daß die Steuerzahlungsmoral der Benachteiligten unter einem Rabatt leiden könnte? Die Möglichkeit muß man zumindest in Betracht ziehen, und dann sieht die Strategiebewertung schon ganz anders aus.
Also: erst denken, dann Strategie erstellen.

[gefunden via Stackenblochen]

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Henghis Hapthorn ist wieder da! Genauer gesagt, Matthew Hughes hat in der August-Ausgabe von Fantasy & Science Fiction eine neue Geschichte vom First and Foremost Freelance Discriminator veröffentlicht. Es handelt sich um ein Prequel, also eine Geschichte, die nach den anderen geschrieben wurde, deren Handlung aber vorher spielt. Sie könnte also gut How it all began heißen — tut sie aber nicht; ehrlich gesagt ist der Titel Thwarting Jabbi Gloond eines Matthew Hughes auch viel würdiger.
Jabbi Gloond hat Hapthorn seinen ersten Fall beschert, noch bevor dieser überhaupt den Beruf des Discriminators ergriffen hatte. Die neue Geschichte erzählt hauptsächlich von diesem Fall, und so stört es auch nicht weiter, daß einigen Einzelheiten aus Henghis' Leben jenes hingebogene Gefühl anhaftet, dem man in Prequels häufiger begegnet.
Hughes versteht es so wunderbar, mit Sprache umzugehen, daß ich ihm ein paar rauhe Stellen in der Handlung gerne verzeihe.

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Wie Heise im Newsticker und auf Telepolis berichtet, ist gegen den Verlag ein Urteil ergangen, das ihm als Foren-Betreiber die Haftung für mögliche Rechtsverstöße auferlegt.

Eigentlich besteht eine solche Haftung erst in dem Moment, in dem der Betreiber Kenntnis von einem Rechtsverstoß erlangt.

Dieses Urteil zwingt Heise zu einigen Maßnahmen, die normaldenkende Menschen seltsam anmuten mögen.

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